Weißt du, wie wir ticken?
Unser Gehirn ist eine wahre Trickkiste. Manchmal gehen da die wildesten Dinge vor sich. Weißt du, wie du tickst? Klick dich durchs Quiz und finde heraus, was du über Schubladendenken weißt. Viel Erfolg!
11 Million Bits: So viele Informationen muss unser Gehirn pro Sekunde verarbeiten. Viele davon in Form von Sinneseindrücken, also Sehen, Riechen, Hören. Die bewusste Verarbeitung einer Zahl, zum Beispiel 7, entspricht etwa 5 Bits. Schätzt mal: Wie viele Bits von all diesen Informationen kann das Gehirn bewusst verarbeiten?
40 Bits. Das Gehirn muss jederzeit und innerhalb von Millisekunden darüber entscheiden, ob aus der aktuellen Situation eine Gefahr entsteht, es sofort (quasi per Autopilot) handeln oder bewusst entscheiden, also darüber nachdenken muss. Jede eintreffende Information wird deshalb blitzschnell mit schonmal abgespeicherten Informationen verglichen. Diese gesammelten Informationen nennen wir Stereotype. Es liegt in unserer Natur, dass wir Stereotype bilden, also anderen Menschen Verhaltensweisen und Persönlichkeitsmerkmale aufgrund unserer abgespeicherten Informationen zuweisen. Dementsprechend verhalten wir uns dann eher offen oder eher vorsichtig.
Fazit: Stereotype sind total natürlich und wichtig für unser Gehirn. Wir brauchen sie, um Informationen zu verarbeiten und Situationen einschätzen zu können. Umso wichtiger ist es, dass wir uns diese Prozesse ab und zu bewusst machen und hinterfragen, ob das blitzschnelle Urteil Bestand hat.
Bis in die 1970er Jahre hinein hatten die fünf größten US-amerikanischen Orchester einen Männeranteil von 94 Prozent. 1993 spielten dort 79 Prozent männliche und 21 Prozent weibliche Musiker. Was hatte sich an den Rahmenbedingungen rund um Bewerbung und Auswahl der Künstlerinnen und Künstler geändert, damit es dazu kam?
Die Bewerberinnen und Bewerber mussten bei dem "Einstellungstest" hinter einem Vorhang vorspielen, das Geschlecht spielte also keine Rolle. Egal ob Unternehmen oder Orchester: Jeder Personaler möchte zuallererst die Bewerber, die für eine Stelle am besten geeignet sind. Und trotzdem lassen sie oft unterbewusst andere Merkmale - in diesem Fall das Geschlecht - entscheiden. Es handelt sich dabei um sogenannte „unconscious bias", also Wahrnehmungsverzerrung. Unsere Entscheidungen werden von unterbewussten Motiven beeinflusst. Hat zum Beispiel ein Orchesterleiter die unterbewusste Meinung, dass Frauen weniger gut Geige spielen können, dann beeinflusst das sein Urteil, wie gut eine Frau Geige spielt.
Fazit: Stereotype beeinflussen unsere Entscheidungen!
Typisch Mann, typisch Frau - gibt es ein bestimmtes Alter, ab dem wir in solchen Kategorien denken? Eine amerikanische Studie hat untersucht, ob solche geschlechtsspezifischen Stereotype bereits bei sechsjährigen Kindern auftreten. Dafür sollten sie einschätzen, ob eine "sehr, sehr schlaue" Person aus einer Geschichte eher ein Mann oder eine Frau ist. Was denkt ihr, wie die Sechsjährigen geantwortet haben?
Unabhängig vom eigenen Geschlecht assoziierten die meisten Kinder die intelligente Person mit einem Mann. Das zeigt: Die Bildung von Stereotypen erfolgt offenbar bereits im Kindesalter - vor allem durch die Erziehung, aber auch durch Medien. Da das Stereotyp "Jungen sind schlauer als Mädchen" weit verbreitet ist, gehen offensichtlich auch Kinder schon davon aus, dass eine intelligente Person eher ein Mann sein muss - auch wenn sie vielleicht selbst noch gar keine Erfahrungen dazu gemacht haben. In diesem Zusammenhang ebenfalls interessant: 2014 suchten amerikanische Eltern bei Google doppelt so oft „Ist mein Sohn ein Genie?“ wie „Ist meine Tochter ein Genie?".
Fazit: Wir übernehmen Stereotypen unter anderem durch Erziehung und Bezugspersonen - und zwar bevor wir unsere eigenen Erfahrungen gemacht haben.
* (Quelle: Bian, L., Leslie, S.J., Cimpian, A. (2017). Gender stereotypes about intellectual ability emerge early and influence children’s interests. Science, 355, 389-391)
In einem Versuch wird einer Gruppe von Personen immer ein Bilderpaar (Bild A und Bild B) gezeigt, auf dem verschiedene Striche abgebildet sind. Während Bild A immer einen Strich in wechselnder Länge zeigt, gibt es auf Bild B immer einen Strich, der ganz offensichtlich die gleiche Länge hat. Die Mitglieder der Gruppe sollen nacheinander einzeln entscheiden, welcher Strich auf Bild B (1, 2 oder 3) genauso lang ist wie der auf Bild A. Bis auf eine Person (Testperson) besteht die Gruppe aus Schauspielern welche nach vorheriger Absprache offensichtlich falsche Aussagen treffen. Was schätzt ihr, wie viele der (unwissenden) Testpersonen schließen sich den offensichtlich falschen Aussagen der Gruppenmehrheit (Schauspieler und Schauspielerinnen) an?
Tatsächlich schlossen sich 75 Prozent der Testpersonen der offensichtlich falschen Meinung der Gruppenmehrheit an und nur 25 Prozent der Teilnehmer dieses Experiments blieben bei ihrer korrekten Meinung, auch wenn die Gruppenmehrheit ein falsches Urteil fällte.
Fazit: Wir schließen uns oft schnell der Meinung der Mehrheit an, auch wenn diese offensichtlich falsch ist. Dieses Phänomen ist auch bei Stereotypen zu beobachten.
*(Quelle: Asch, S. E. (1951). Effects of group pressure upon the modification and distortion of judgment. In H. Guetzkow (ed.) Groups, leadership and men. Pittsburgh, PA: Carnegie Press.)
Statistiken belegen schon seit vielen Jahren, dass Frauen die besseren, beziehungsweise sichereren Autofahrer sind. Doch wie schätzen Frauen und Männer das ein?
Nach einer Umfrage des Online-Portals Statista (2017) halten nur knapp 17,1 Prozent der Frauen und 4,4 Prozent der Männer Frauen für die besseren Autofahrerinnen. Gute Fahrqualitäten schreiben sich vor allem Männer zu (27,9 Prozent).
Fazit: Stereotypen können sich sehr lange halten, auch wenn unsere Erfahrung oder Studien sie längst widerlegen.
* (Quelle: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Verkehrsunfaelle/Publikationen/Downloads-Verkehrsunfaelle/unfaelle-frauen-maenner-5462407177004.pdf?__blob=publicationFile)
**(Quelle: https://www.dekra.de/de/maenner-fahren-nicht-besser-aber-schneller/)
Quelle: Pixabay: von geralt
Ganz egal, wie viele Fragen du richtig beantwortest hast, dieses Quiz zeigt: Schubladendenken, also Stereotype, sind sehr vielfältig und alltäglich. Niemand von uns ist frei von ihnen und wir eignen sie uns an, noch bevor wir zum Beispiel laufen können. Unser alltägliches Umfeld und auch unsere Erziehung beeinflussen, wie wir Dinge wahrnehmen und welche Urteile wir treffen. Das ist nicht immer schlecht. Es kann uns schließlich vor Gefahren schützen und das Leben vereinfachen. Aber wir sollten uns dessen stets bewusst sein.
Denn beispielsweise in der Werbung oder in den sozialen Medien wird manchmal bewusst mit Stereotypen gespielt - weil Stereotype die Verarbeitung von Informationen vereinfachen und sie dadurch "eingängiger" für uns sind. Problematisch sind Stereotype immer wenn wir deswegen beeinflussbar werden.
Ein kleines Beispiel: Wir haben in allen unseren Fragen das Thema Stereotypen mit geschlechterbezogenen Beispielen verdeutlicht. Das beeinflusste wahrscheinlich deine Wahrnehmung. Du hast jetzt vielleicht erstens den Eindruck, dass es nur die Unterscheidung zwischen männlich und weiblich gibt: nein. Da gibt es noch einiges dazwischen. Und außerdem denkst du vielleicht, dass es nur geschlechtsbezogene Stereotype gibt. Dabei lässt sich das auf alles mögliche übertragen. Schubladendenken gibt es nämlich auch in Bezug auf Herkunft, Aussehen, Religion oder Meinungen. Wir könnten die Liste unendlich weiterführen, um dir damit eine wichtige Nachricht mit auf den Weg zu geben: Lass dich nicht austricksen, erst recht nicht von deinem eigenen Gehirn. Mach dir bewusst, wie wir ticken.
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Mehr Toleranz zu fordern ist leicht. Aber was bedeutet das eigentlich? In vier Videos reden Schüler Klartext, indem sie zeigen, wie vielfältig und wichtig Toleranz ist. Die Toleranz vor anderen Meinungen, Kulturen, anderer Sexualität und anderem Aussehen. Darin sehen wir wahre Vielfalt.