Willkommen in Löbtau e.V.
… wie durch vielseitige Patenprojekte und Aktivitäten Geflüchteten der Einstieg in die Gesellschaft erleichtert wird.
Quelle: Willkommen in Löbtau e.V.
1. Was macht ihr und wer macht bei euch mit?
Angela: 2014 gründete sich Willkommen in Löbtau als loses Netzwerk von Parteien, Kirchgemeinden, verschiedenen Initiativen und engagierten Einzelpersonen zur Unterstützung von Geflüchteten, in einem neuen Übergangswohnheim im Stadtteil. Aus diesem anfangs losen Zusammenschluss von über 200 Menschen konstituierte sich basisdemokratisch und allein durch ehrenamtliches Engagement eine Willkommensinitiative, die Geflüchtete weit über die Stadtteilgrenzen hinaus in ihrem Integrationsprozess fördert und begleitet. In den letzten 3 Jahren organisierten sich Ehrenamtliche in bis zu 14 Arbeitsgruppen, die vom wöchentlichen Fußball spielen bis zur Hilfe bei der Arbeitssuche in den unterschiedlichsten Bereichen Geflüchteten und Neuankömmlingen einen Einstieg in unsere Gesellschaft ermöglichen. Um den vielen ehrenamtlich tätigen Menschen bei Willkommen in Löbtau weiterhin eine solide & nachhaltige Basis für ihr Engagement und ihre Projekte zu bieten wurde 2017 ein Verein mit gleichem Namen gegründet, der seit Januar 2018 die Aktivitäten des Netzwerks fortführt. Derzeit lebt der Verein durch das Engagement von ca. 50 sehr aktiven Einzelpersonen, die um die 200 geflüchteten Menschen ein- oder mehrmals wöchentlich mit Unterstützung oder gemeinsamer Aktivität zur Seite stehen.
Michael: In der AG Arbeit und Ausbildung, die ich leite, begleiten seit 4 Jahren ehrenamtliche Pat/inn/en Geflüchtete in ganz Dresden auf dem Weg in Ausbildung, Arbeit oder Studium. Die Patenschaften sind langfristig angelegt und dauern oft mehrere Jahre, insbesondere wenn die Begleitung auch während der Ausbildung in der Berufsschule erfolgt. Wir helfen bei Lebenslauf uns Bewerbungen und sorgen dafür, dass eine individuell angepasste Vernetzung mit den relevanten hauptamtlichen Strukturen der Kompetenz- oder Zeugnisanerkennung, Berufsorientierung und Arbeits- und Ausbildungsplatzvermittlung erfolgt. Seit Beginn engagierten sich insgesamt ca 70 Pat/inn/en in ca 140 Patenschaften, wovon ca 70 Patenschaften von 30 Pat/inn/en heute noch aktiv sind. 21 Geflüchtete konnten einen Ausbildungsplatz finden und über 40 haben Arbeit bekommen, ca. die Hälfte von Ihnen unbefristet. Im letzten Monat wurden mehrere Ausbildungen erfolgreich abgeschlossen. Noch ist niemand in der Ausbildung gescheitert. Bei den Geflüchteten reicht das Altersspektum von 20 bis ca. 50 Jahre und bei den Pat/inn/en sind alle Altersgruppen von 25 bis ca 75 Jahre vertreten. Seit einem Jahr gibt es eine Koordinatorin auf Minijob-Basis, alle anderen engagieren sich ehrenamtlich.
2. Inwiefern versteht ihr euch als Brückenbauer?
Angela: Vorrangiges Ziel unseres Vereins „Willkommen in Löbtau e.V.“ ist die Begleitung und Unterstützung von geflüchteten Menschen in ihrem Ankommens- und Integrationsprozess – ausgehend vom Stadtteil Löbtau. Mit unseren Aktivitäten setzen wir uns dafür ein, einen Austausch auf Augenhöhe zwischen neu angekommenen (geflüchteten) Menschen und alteingesessenen Löbtauer*innen zu schaffen. Durch die Förderung von Begegnungsmöglichkeiten im Stadtteil wollen wir einen Beitrag zum Abbau von Vorurteilen und zu einem diskriminierungsfreien und respektvollen Umgang miteinander leisten sowie die gesellschaftliche und politische Teilhabe geflüchteter Menschen stärken.
Aktuell organisiert sich unser Verein in 12 verschiedenen Arbeitsgemeinschaften, die Geflüchtete vom Spracherwerb über Sportaktivitäten & Hobbygärtnern bis zum Eintritt in den Arbeitsmarkt unterstützen. Einen besonderen Platz innerhalb des Vereins nimmt unsere AG Ausbildung & Arbeit ein, die Geflüchtete in festen Patenschaften auf dem Weg in Ausbildung, Arbeit oder Studium begleitet und über den Stadtteil hinaus bekannt und geschätzt ist. Bereits 2016 erhielt sie für ihre Erfolge den 1. Dresdner Integrationspreis. Wir sind aber nicht nur ein Unterstützernetzwerk für Geflüchtete: Bei unserer wöchentlichen Nähwerkstatt etwa kommen stets auch zahlreiche Altlöbtauer*innen zusammen und tauschen sich bei Nadel & Faden über die neusten Entwicklungen im Stadtteil aus.
Neben den regelmäßigen Angeboten gibt es regelmäßig Aktionen, die punktuell zum Mitmachen einladen. Im Sommer 2019, zum Beispiel, gibt es erstmal unseren Sommerferienkalender „Abenteuerurlaub Dresden: Raus aus der Komfortzone“. Dieser, von unseren Mitgliedern entwickelte Kalender ist ein kleines Trainingsprogramm. Jeden Tag gibt es durch einfache Aufgaben die Möglichkeit, seine Perspektive zu wechseln, neues auszuprobieren und neue Gedanken anzuregen.
Michael: In der AG Arbeit und Ausbildung findet ein vielfältiges Brückenbauen und Vernetzen statt. Zunächst mal mussten alle Seiten (Geflüchtete, Ehrenamtliche, Hauptamtliche und Unternehmen) Neues kennenlernen. Für viele Geflüchtete waren die Gepflogenheiten des deutschen Arbeitsmarktes, der Bewerbungsprozess und das Konzept dualer Berufsaufbildung unbekannt. Für die Unternehmen ist neu, dass Menschen ohne vollständige Papiere und Zeugnisse kommen, so dass andere Wege der Kompetenzfeststellung gefunden werden müssen, die hauptamtlichen Strukturen (Jobcenter, Arbeitsagentur, Handels- und Handwerkskammern, Ausländerbehörde etc.) mussten sich nicht nur auf die neue Klientel der Geflüchteten einstellen sondern auch versuchen, ihre Prozesse so anzupassen, dass die ehrenamtlichen Begleiter/innen als neue Gruppe integriert wurden, und die ehrenamtlichen Pat/inn/en mussten ihre Rolle als Berater/innen und Erklärer/innen lernen ohne den Geflüchteten eigene Entscheidungen abzunehmen um sie auf einen selbstständigen Weg zu bringen.
Viele dieser Brücken wurden bilateral gebaut, wir veranstalteten aber auch regelmäßig große Vernetzungstreffen und Fachtage u.a. auch mit den Ministerien, um die jeweils anderen Sichtweisen zu verstehen und gemeinsam Herausforderungen zu meistern. Über all das hinaus enstanden über persönliche Begegnungen auch private Bindungen und Freundschaften.
3. Wie kann man bei euch mitmachen? Wie kann man euch unterstützen?
Angela: Mitmachen kann bei uns prinzipiell jede*r, der*die unsere Prinzipien eines respektvollen Miteinanders achtet. Wer mit dabei sein möchte, findet uns über die Mitmachen-Seite auf unserer Webseite und meldet sich dann per E-Mail über die Kontakt-Mailadresse bzw. kann auch über ein Kontaktformular direkt mit den einzelnen Arbeitsgruppen in Kontakt treten. Ebenso kann man auch einfach zur Kontaktaufnahme direkt zu den Angeboten erscheinen.
Unsere Angebote findet man ebenso in der Terminübersicht auf unserer Webseite.
Michael: Die Pat/inn/en der AG Arbeit und Ausbildung treffen sich monatlich bei einem offenen Stammtisch bei dem jede*r willkommen ist, der sich informieren oder mitmachen möchte. Wer keine Valenzen für langfrsitige Patenschaften hat, kann individuell und flexibel in unserem Lernraum bei Hausaufgaben helfen, den wir gemeinsam mit dem Kultur- und Jugendzentrum Spike betreiben.
4. Was wünscht ihr euch für Dresden?
Angela: Wir wünschen uns für Dresden eine solidarische Stadtgesellschaft mit inklusiven Charakter. Soziale und demokratische Teilhabe sollte nicht wenigen Vorenthalten bleiben, sondern für alle Bürger*innen der Stadt offen stehen und möglich sein. Wir wünschen und mehr gemeinsamen Austausch und die Auslotung gemeinsamer Werte anstelle von Konfrontation und Ausgrenzung.
Michael: mehr Begegnung und Miteinander, eine positive Einstellung zu kultureller Vielfalt auf der Basis von gemeinsamen Werten und Zielen mit Respekt voreinander und Verantwortung füreinander.
Dresden ist #knallbunt
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